Die Burg von Osaka und die Neue Welt
Erstmal Entschuldigung dafür, dass die Artikel-Frequenz nach dem Urlaub ins Bodenlose gesunken ist. Arbeit und dieser verdammte Freizeitstress sind Schuld. Aber immerhin geht es weiter. Es gibt ja auch noch so viel zu berichten. Und vielleicht hat es ja wer gemerkt: Ich habe das Layout mal ordentlich gemacht. Die Seite sollte jetzt auf Smartphones wieder gut funktionieren und hoffentlich auch besser gefallen. Ich habe das alte CSS-Framework komplett in die Tonne gehauen und alles selbst gemacht. Und auch wenn hier und da noch etwas nachgebessert werden muss, ist es echt ganz gut geworden, finde ich. Sollte es Probleme geben, etwas ganz übel aussehen oder es sonstwas zu kommentieren geben, Ihr wisst, wie Ihr mich erreicht.
Auf zur Burg von Osaka
Eines der beliebtesten Ziele für Touristen in Japan sind Burgen. Und zu den berühmtesten und spektakulärsten gehört die Burg von Osaka. Da muss ich also hin. Allzu viel wusste ich vorher nicht von der Burg und ich hatte sie auch nicht unbedingt auf meiner Burgen-Lieblingsliste. Aber Osaka besuchen und nicht zur Burg gehen, das kann man nicht machen.
Bei strahlend blauem Himmel und extrem angenehmen Temperaturen wurde mal wieder das Hotelfrühstück boykottiert, stattdessen auf dem Weg zur Burg ein Conbini gestürmt und dort die übliche Kombination aus kaltem Grüntee, Eiersandwich und Onigiri gekauft. Obiges Bild zeigt den Platz, an dem ich dann gefrühstückt habe. Kann man machen!
Frisch gestärkt ging es dann über eine Brücke zum Haupteingang des Burghofes. Hatte ich schon drauf verwiesen, wie unglaublich gut das Wetter für einen Novembertag war? Hatte ich? Gut, dann nochmal. Strahlend blau war der Himmel. So schön!
Fakten über die Burg
Aber nun erstmal zu den Hintergrundinformationen, wegen derer Ihr alle hier seid. Die Geschichte der Burg reicht zurück bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Wir erinnern uns vielleicht noch an das Mausoleum auf dem Berg über den goldenen Tempeln von Nikko? Dort liegen die sterblichen Überreste von Tokugawa Ieyasu, der das überraschenderweise nach seiner Familie benannte Tokugawa-Shogunat gegründet hat, welches Japan eine vorher nie dagewesene Zeit des Friedens und der Einheit für immerhin fast 300 Jahre beschert hat.
Tokugawa, Oda und Toyotomi
Tokugawa gilt als einer der Drei Reichseiniger. Von denen ist er aber nicht der wichtigste und auch nicht der Initiator, vielmehr hat er nur das Werk der beiden anderen beendet. Die beiden anderen waren Oda Nobunaga und Toyotomi Hideyoshi. Und deren Geschichte ist untrennbar mit der Burg von Osaka verknüpft. Dass Oda (was übrigens sein Nachname ist) als Sohn eines Kriegsherren eine ordentliche Karriere hinlegt, war nicht so überraschend. Toyotomi hingegen war das Glück einer privilegierten Geburt nicht gegeben. Umso erstaunlicher, dass er sich vom Niemand (seine Familie durfte nicht mal einen Nachnamen tragen) zum Erbauer der Burg von Osaka und später Einer Japans hocharbeiten konnte.
Oda war nicht nur ein in ein gutes Elternhaus geborenes Söhnchen, sondern traf viele kluge und für die Geschichte Japans folgenreiche Entscheidungen. So war er es auch, der in seinem kleinen Reich das bestehende, kastenähnliche Modell aufweichte und talentierten Vasallen je nach Leistung einen Aufstieg in ansonsten für sie unerreichte Ränge ermöglichte. Dies wusste insbesondere Toyotomi zu nutzen, der schnell in der Gunst Odas stieg und einer seiner wichtigsten Generäle wurde. Oda selbst konnte die Einigung Japans nicht zu Ende führen, eine ziemliche Blödheit kostete ihn das Leben. Er soll auf einer Feier angetrunken einen seiner Generäle in den Schwitzkasten genommen und ihm mit einem Fächer auf den Kopf getrommelt haben. Der so entwürdigte General nutzte später eine Möglichkeit, sich an Oda zu rächen und nahm ihn gefangen. Oda, die alte Diva, reagierte ein bisschen über, beging Seppuku und Toyotomi brachte den General zeitnah zur Strecke. Toyotomi übernahm danach die Vormundschaft über Odas Enkel und sicherte sich so genug Macht, Odas Plan von der Einigung Japans zu vollenden. Auf seinem Sterbebett wünschte Toyotomi sich, dass das Reich von den fünf Daimyos gemeinsam geführt werden solle. Das sah Tokugawa Ieyasu - selbst mittlerweile einer der fünf Daimyos - allerdings anders, brachte die anderen vier Daimyos der Reihe nach um und ließ sich zum Shogun krönen.
Jetzt wissen wir vermutlich mehr über die Geschichte Japans, als die meisten Nicht-Japaner. Da Toyotomi der Erbauer der Burg von Osaka ist, wird seine Geschichte im Inneren der Burg ausführlich und durchaus spannend präsentiert. Fotos im Inneren habe ich jedoch keine gemacht. Auf den Etagen mit den spannenden Originalexponanten war Fotoverbot. Und die Etagen, die die Geschichte der Burg und Toyotomis erzählten, sahen nicht sonderlich schick aus. Ähnlich wie die Burg von Okayama ist auch die Burg von Osaka ein vollständiger Nachbau. Da kommt dann innen kein ordentliches Burg-Feeling auf, man hat eher das Gefühl, in einer seltsam gestalteten Karstadt-Filiale gelandet zu sein.
Die erste Version der Burg
Dass die Burg nicht mehr im Original vorhanden ist, liegt natürlich daran, dass sie kaputt gegangen ist. Das haben wir ja jetzt auch schon gelernt, dass das in Japan mit seinen Holzbauten, Erdbeben, Tsunamis und Vulkanen öfter mal vorkommt. Entsprechend ist die Geschichte der Burg von Osaka auch etwas komplizierter. Also reiten wir da mal kurz durch: 1583 begann Toyotomi, die Burg nach dem Vorbild der Burg Odas zu bauen. Zwei Jahre später war sie bereits als solche nutzbar. Toyotomi bastelte jedoch bis zu seinem Tod weiter an der Burg. 1615 gelang es Tokugawa Hidetada (der kurze Zeit später der zweite Shogun der Tokugawa-Dynastie wurde) im zweiten Anlauf, die Burg zu erobern. Der Sohn Toyotomis beabsichtigte jedoch nicht, Tokugawa die Burg zu überlassen. Er ließ sie im letzten Moment bis auf die Grundmauern niederbrennen und beging danach - selbstverständlich - Seppuku.
Die zweite Version der Burg
Tokugawa vergrößtere den Burghof und ließ die Burg neu errichten, was im Jahre 1628 abgeschlossen werden konnte. Blitzeinschläge in den Jahren 1660 und 1665 ließen jedoch auch die zweite Version der Burg erst teilweise, dann vollständig niederbrennen. Die Burganlage wurde dann jedoch 200 Jahre lang mitsamt der Burgruine weiter benutzt. In 1868 wurde im Zusammenhang mit der Meiji-Revolution auch der Rest der Burg niedergebrannt.
Die dritte Version der Burg
Die Meji-Regierung nutzte die Burgruine als Lager und Produktionsstätte für Kriegsgüter. Im Jahre 1931 wurde die Burg als Stahlbetonkonstruktion neu errichtet. Diese wurde jedoch durch reichlich Bombardierungen im zweiten Weltkrieg ebenfalls fast vollständig zerstört.
Die vierte Version der Burg
Erst im Jahre 1995 beschloss die Stadt einen erneuten Wiederaufbau. Dieser konnte bereits 1997 eröffnet werden und - Ich klopfe auf Stahlbeton! - steht bis heute. Äußerlich sieht die Burg jetzt wieder wie zur Edo-Zeit aus und innen möchte sie ein modernes Musuem inklusive Fahrstühlen sein. Wie gesagt, das Innenleben hat mir echt nicht gefallen. Und auch von außen merkt man der wie mit dem Lineal gezogenen Stahlbetonkonstruktion an, dass die Burg eben nicht schon ein paar Jahrhunderte alt ist. Mein Besuch einige Tage später in Himeji bestärkte mich darin auch noch mal deutlich.
Da ich viel Zeit hatte und die Burganlage echt schön war (und erwähnte ich das Wetter?), habe ich das Gelände in aller Ruhe erkundet. Die Anlage ist natürlich wie bei Burgen üblich so aufgebaut, dass sich der Weg zur eigentlichen Burg eh möglichst lang durch die Gegend schlängelt, um es potentiellen Angreifern möglichst schwer zu machen. So kommt man an beeindruckendem Mauerwerk vorbei, sieht schöne Parkanlagen, Bootsanleger und den ein oder anderen Schrein. Im Hokoku-Schrein konnte ich sogar einen schönen Goshuin abstauben.
Auf dem Weg zur Burg steigt der Weg stetig an und entsprechend bekommt man schnell eine fantastische Aussicht auf die Skyline Osakas, die einen für Japan typischen Kontrast zwischen (vermeintlich) alt und neu bieten. Auf dem Platz vor der Burg ist es dann - ebenfalls typisch japanisch - etwas skurill touristisch. Hier steht ein modernes, mehrstöckiges Café, Zauberkünstler zeigen alberne Tricks, es gibt eine riesige Batterie an Getränkeautomaten und kostenlose Toiletten im 80er-Style.
Über das Burginnere habe ich ja bereits einiges gesagt. Und auch wenn es jetzt nicht meinen klischeebelasteten Vorstellung einer japanischen Burg entsprochen hat, war es natürlich super. Auf fünf Etagen bleibt keine Frage zur Geschichte der Burg unbeantwortet. Angefangen von den Erzählungen aus Toyotomis Leben über wirklich wunderschöne Exponate bis hin zu reichlich architektonischen Details, ich war für fast zwei Stunden sehr gut unterhalten. Und am Ende gab es als Belohnung noch einen wunderbaren Panoramablick von der obersten Etage. Ich musste natürlich mal wieder etwas gegen meine Höhenangst ankämpfen. Aber es ging und hat für dieses Belegvideo gereicht:

Auf in die Neue Welt
Natürlich habe ich noch einiges mehr an tollen Bildern geknipst. Die hänge ich wie gehabt unten an. Für mich stand noch ein Besuch in der Neuen Welt auf dem Programm. Klingt ein bisschen komisch und war es auch. Die Rede ist von einem Vergnügungsviertel Osakas namens 新世界 (Shinsekai; 新 (Shin) = neu; 世界 (Sekai) = Welt). Shinsekai wurde 1912 erbaut und sollte ein modernes Vergnügungsviertel nach New Yorker und Pariser Vorbild sein. Über 100 Jahre später mutet der Name natürlich entsprechend etwas skurril an. Dennoch gibt es so viele schicke Fotos von dort, dass ich mir das mal genauer anschauen musste.
Auf dem Weg bin ich mehr oder weniger zufällig an Abeno Harukas vorbeigekommen. Das ist immerhin nicht weniger als das höchste Gebäude Japans. Aber für heute bin ich genug auf Dinge geklettert, deshalb nur ein schnelles Foto und weiter.
Schöne, neue, alte Welt
Angenehmerweise wirkt Shinsekai nicht wie eine dieser beliebigen, schnurgeraden Einkaufspassagen, die jede Stadt mindestens in einfacher Ausfertigung hat. Und das Ganze hat einen angenehmen 80er-Jahre-Charme, der besonders deshalb ganz lustig ist, wenn man überlegt, dass das hier Neue Welt heißt. Da das "Viertel" aber in Wirklichkeit nur aus gefühlt drei, vier Straßen besteht, sind die bekannten Sehenswürdigkeiten schnell gefunden: Ein Restaurant mit einem großen Modell-Fugu-Fisch und der in Japan ja obligatorische Turm, der hier Tsutenkaku heißt.
Weil alles so überschaubar ist, kann man diese beiden Sehenswürdigkeiten zusammen mit einer ordentlichen Portion bunter Restaurants problemlos in ein Bild bekommen. Leider wurde es für farbenprächtigere Fotos schon etwas dunkel. Und da zwei Ziele für einen Tag zu wenig sind, stand noch ein drittes auf dem Plan. Deshalb musste ich schnell zu einem ziemlich ungewöhnlichen Schrein gehen.
Letztes Ziel: Namba Yasaka-Schrein
Der Schrein ist wohl um die 1000 Jahre alt und zigfach abgefackelt und neu erbaut worden. Das ist ja die japanische Standardgeschichte von Schreinen und Burgen. Was den Yasaka-Schrein außergewöhnlich macht, ist eine 12 Meter hohe Bühne, die wie ein Löwenkopf geformt ist.
Sonst hatte der Schrein zwar nichts zu bieten (nicht mal einen Goshuin!), aber dennoch hat sich der kurze Abstecher gelohnt. Eine derartige Löwenkopfbühne ist ein wirklich spektakulärer Anblick und der Schrein hatte in der Abenddämmerung eine angenehm ruhige Atmosphäre. Und wenn es dann Abend wird in Japan, geht man was essen und dann zu Bette. Insbesondere wenn es am nächsten Tag zu einem Tagesausflug mit dem Shinkansen nach Kobe geht. Anbei noch die übrigen Bilder des Tages. Der nächste Artikel folgt dann, ähem, bald.
Bildergalerie
Kommentare
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Am 07. Februar, 05:27 Uhr (Japan), 06. Februar, 21:27 Uhr (Deutschland)Das rockt! Das Warten hat sich gelohnt!Am 08. Februar, 23:32 Uhr (Japan), 08. Februar, 15:32 Uhr (Deutschland)Und zu Weihnachten gibt es dann den nächsten Beitrag.