Und am 7. Tag sollst Du (fast) ruhen
Der Plan war, entweder ganz, ganz früh oder eben nach der großen Tageshitze den Dazaifu Tenmangū zu besichtigen. Mit dem Frühaufstehen hat es nicht geklappt, ganz im Gegenteil. Ich habe endlich mal Teile meines hitzebedingten Schlafdefizites aufgeholt. Also wurde der Nachmittag angepeilt. Ein Blick auf den Wetterbericht ließ Böses ahnen. Der Tageshöhepunkt von 36 Grad sollte erst gegen 16 Uhr erreicht sein. Allzu viel Zeit bliebe da dann nicht bis zur Dämmerung. Naja, mal schauen.
Ich habe stattdessen mal Wäsche gewaschen. Wenn man erst einmal die Schriftzeichen auf der Maschine entschlüsselt hat, ist Waschen hier total einfach. Die meisten Maschinen sind Toploader, so auch unsere. Wenn man die Wäsche eingefüllt hat, schätzt man, wie viel Prozent der Trommel voll sind. Daraus ergibt sich die Wassermenge, die man an der Maschine einstellt. Eine Temperatureinstellung gibt es nicht. Die Maschine hat dann unterschiedliche Programme, zum Beispiel Handwäsche und so. Aber das ist viel zu kompliziert, dafür gibt es das Programm おまかせ (sprich: omakase). Das kennt man als Rails-Entwickler, aber auch wenn man sich mal mit japanischen Restaurants auseinander gesetzt hat. Omakase heißt so viel wie "die Entscheidung jemand anderem überlassen". Also im Restaurant sowas wie die Empfehlung des Kochs. Und bei der Waschmaschine halt Automatikprogramm. Gewählt, Deckel zu und ab dafür. In einer guten halben Stunde war die Maschine fertig, kein Vor-, Haupt- und Zwischenwaschgang, kein Schleudern mit vier Milliarden Umdrehungen. Einfach so fertig. Die Wäsche kann man hier gut im Garten aufhängen und nach etwa zwei Stunden war sie trocken. Zugegeben, ich hatte relativ wenig dicke Winterjacken in der Wäsche. Aber das war schon ganz angenehm.
Der Wetterbericht deutete mittlerweile an, dass es eventuell sogar gewittern sollte. Meine große Hoffnung: Erst ein richtig schönes Gewitter und dann kann ich zum Schrein fahren. Aber anscheinend ist Ameterasu bockig, weil wir gestern nur zum Händewaschen in ihren Schrein gekommen sind. Gegen halb vier ging es mit Gedonner los und eine knappe Stunde später dann: Regen. So eine herrliche Sache. Und anders als befürchtet hat der Regen wirklich Erleichterung mit sich gebracht. Ich habe die Füße aus dem Haus gehalten und den Wind genossen. Das erste Mal seit meiner Ankunft in Japan erträgliche Temperaturen ohne Klimaanlage. Nächstes Mal bekommt Ameterasu von mir ein paar Yen.
Auch nach dem Gewitter war es draußen noch einige Zeit erstaunlich angenehm. Ich habe die Gunst genutzt für einen Abendspaziergang. Erste erstaunliche Beobachtung: Nach dem Regen scheinen sich hier am örtlichen Spielplatz einige Katzen zu treffe. Bisher habe ich draußen keine einzige gesehen, auf einmal lungerte dort gleich ein halbes Dutzend herum. Es waren auch deutlich mehr Menschen unterwegs um diese Uhrzeit, was aber auch am Sonntag gelegen haben mag. In der Nähe der S-Bahn-Haltestelle eine weitere erstaunliche Beobachtung: Dort hatten sich bestimmt gleich mehrere Dutzend Menschen mit ihren Smartphones und Tablets versammelt. Ein Anblick, den ich aus Kuba kenne, wo die Leute sich in den Bereichen der WLAN-Netze scharen. Aber was war denn hier los? Die Japaner haben doch angeblich alle sauschnelles Internet zuhause? Unglaublich, aber wahr: Hier spielt man offensichtlich noch Pokémon Go. Ich kenne mich damit ja nicht so aus, aber vermutlich hat da jemand ein bisschen Lockstoff versprüht, oder wie das heißt. Und so waren alt (ich würde schätzen, der ein oder andere 60-Jährige war auch alleine dabei) und jung vergnügt auf der wilden Hatz.
Es wurde dann auch schon wieder deutlich wärmer und unglaublich feucht. Deswegen bin ich schnell in den Supermarkt geflohen und habe mir Sushi gekauft. Als ich aus dem Supermarkt kam, ist mir die Brille beschlagen. Ein Fest! Um Mitternacht sollen es heute 31 Grad sein, aber nur 74 Prozent Luftfeuchtigkeit. Na, das geht ja. Morgen dann 37, gefühlte 46 Grad. Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde: Bin ich froh, dass die Schule wieder losgeht.
Oh. Und ein Taifun bewegt sich auf Kyushu zu. Taifun Leepi, der 15. Sturm des Jahres, wird übermorgen hier in der Ecke erwartet. Aber keine Sorge, bis der nach Fukuoka kommt, muss er einmal über das gesamte Land. Und da bleibt dann am ende nur ein laues Lüftchen über.
Immerhin ist die Wetterprognose für Tokio ganz vielversprechend. Am Wochenende sollen es dort angeblich sogar tagsüber unter 30 Grad sein. Das kann ich mir aber ehrlich gesagt nicht vorstellen. Aber bis dahin muss ich noch ein paar Tage die Schulbank drücken. Es kann sein, dass ich entsprechend in den nächsten Tagen hier etwas weniger schreibe. Das liegt dann aber vermutlich nicht daran, dass Leepi mich auf die koreanische Halbinsel geweht hat, sondern einfach daran, dass nicht viel Erwähnenswertes passiert ist. Oh, und nicht vergessen, den Artikel von gestern zu lesen!
Kommentare
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Am 13. August, 02:40 Uhr (Japan), 12. August, 19:40 Uhr (Deutschland)Alles gelesen. Die Bilder von gestern haben mir besonders gut gefallen. Freue mich schon auf Hachi. Bleib artig und ärger die Lehrerinnen nicht wieder!Am 13. August, 19:30 Uhr (Japan), 13. August, 12:30 Uhr (Deutschland)Ich bin artig wie immer und es ist eine Freude, mich unterrichten zu dürfen!