Hoch die Hände, Wochenende!
Heute morgen habe ich meinen Glauben verloren. Meinen Glauben an die japanische Pünktlichkeit und damit auch gleich an die Überlegenheit Japans. Es kommt mir jetzt so vor, als wäre das hier alles wie in Bad Segeberg bei den Karl-May-Festspielen. Das sind in Wirklichkeit alles Schauspieler und die bunte, exotische Welt sind bemalte Pappkulissen. Was meinen Glauben so erschüttert hat? Heute war meine Lehrerin fünfzehn Minuten zu spät, die Bahn hatte Probleme. Vorausgesetzt meine Lehrerin hat nicht geflunkert und war in Wirklichkeit noch ein wenig Pokémon fangen, kann das mit dieser unfassbaren Pünktlichkeit des japanischen Nahverkehrs ja nicht stimmen. Ich werde das im Auge behalten und berichten.
Die Schule war ganz okay. Wir haben ein bisschen Gas gegeben, sind ordentlich voran gekommen. Ich konnte einiges wiederholen, vertiefen und habe einige Lücken schließen können. Allerdings ist mir nochmal klar geworden, was ich alles endlich mal lernen sollte. Und wie weit ich noch entfernt bin, einfache Dialoge über Idiotenniveau zu führen. Aber das ist ja in Deutsch bei mir nicht viel anders. Spaß gemacht hat es auf jeden Fall auch.
Direkt neben dem Konbini, in dem ich mir mittags immer meine gefüllten Reisbällchen kaufe, gibt es einen Pet Salon. Was auch immer das Geschäftsmodell ist, im Schaufenster sind süße Tiere (an die Kinder: Keine Angst, drinnen ist bestimmt eine Klimaanlage an. Der Wauwau und die Miezi müssen nicht schwitzen!). [So viele Bilder und so wenig Text zerschießt mir vermutlich die Seite ein wenig, wenn man sie auf einem Computer aufruft. Aber wer tut sowas heutzutage noch...]
Im Supermarkt war heute richtig gute Laune. Es gab "Dancing Queen" und das Star-Wars-Theme. Selten habe ich so gut motiviert eingekauft. Und! Ich habe dann auch offiziell etwas erreicht in Japan, was mir Ansehen und Bewunderung einbringt. Ich habe einen Apfel gekauft. Einen echten, ganzen Apfel! So teuer war er auch nicht, er hat mich nur 1,60 Euro gekostet. Und das muss man sagen: Er war wirklich sehr lecker.
Über Obstpreise haben wir auch in der Schule geredet. Unsere Lehrerin hat uns einen Online-Shop gezeigt, wo man Geschenkkörbe kaufen kann. Geschenke sind in Japan total wichtig, werden superaufwendig gemacht. Und es ist auch sehr wichtig, was das Geschenk gekostet hat. Man unterstreicht die Wichtigkeit des Beschenkten dadurch, dass man sich möglichst weit über den Tisch ziehen lässt. Also quasi der Apple-Effekt. Naja, was ich sagen will: Dieser Online-Shop ist schon dafür bekannt, dass man dort viel, viel Geld ausgibt. Auf jeden Fall führen die einen kleinen Korb mit drei wirklich kleinen Honigmelonen. Und der kostet nur... knapp 400 Euro! Ich habe gleich mal für jeden Leser meines Blogs ein paar Körbe geordert.
Ich glaube, in dem Store gibt es auch die weißen Erdbeeren. Only in Japan hat ein YouTube-Video dazu (der Channel hat eine ganze Latte echt toller Videos). Und Melonen sind hier eh ein bisschen ein Fetisch. Es gibt Melonen, die werden so großgezogen, dass sie am Ende viereckig sind. Kann man besser stapeln und rollt nicht weg. Die kosten vermutlich so viel wie ein Haus. Oh, und für die ersten Melonen des Jahres zahlt man auch einfach mal das zehnfache. Nicht etwa, weil es nur so wenige Melonen gibt. Neee! Das bringt Glück, sagt man. Und wer möchte kein Glück haben?
Nach der Schule sind wir noch ein wenig in die Stadt gefahren. Dabei habe ich heimlich Schulmädchen von hinten fotografiert. Was fällt auf? Lange Ärmel. Und Handschuhe. Was man nicht sieht: Es war zwar schon Abend, aber wir hatten immer noch über 30 Grad und die Sonne ordentlich Saft. Das Mädchen links trägt auch keinen Regenschirm, das ist ein Sonnenschirm. Das ist aber alles nicht so besonders. 30 Grad ist Spaßwetter. Die Klimaanlage in der Schule war heute auf 29 Grad eingestellt. Und mir war ein wenig kalt (zugegeben, die Klimaanlage entfeuchtet auch die Luft und das ist ein Riesenunterschied).
Nein, natürlich habe ich das Bild aufgrund der Tasche der Sonnenschirmträgerin gemacht. Gern geschehen!
In der Stadt sind wir in ein 居酒屋 (gesprochen: Izakaya) gegangen. Das ist quasi die japanische Form der Kneipe. Kurz noch ein bisschen Klugscheißerei zum Namen: I ist egal, zaka ist im Grunde genommen sake. Also der japanische Reiswein, gleichzeitig aber auch das Wort für Alkohol generell. Und Ya ist Geschäft. Doll! In so einem Izakaya kann man aber nicht nur trinken, sondern auch ziemlich gut essen. Es gibt meist 焼き鳥 (gesprochen: yakitori, das letzte Zeichen ist "Vogel", mit etwas Phantasie kann den Vogel sehen...), das sind Hühnerspieße vom Holzkohlegrill. Man kann aber eigentlich fast alles am Spieß kaufen, bis hin zu Würstchen und Schweinefüßen. Davon kauft man sich eine Menge, tunkt sie in leckere Soße und isst ein bisschen Kohl dazu. Das Grillaroma war wirklich beeindruckend.
Unser Zuhause ist jetzt auch voll besetzt, der Hausherr ist aus Deutschland zurückgekehrt. Wir haben zuhause noch ein bisschen gequatscht und Radio Hamburg gehört. In Maschen ist gerade Stau, also fahrt da nicht lang.
Ich muss jetzt schnell in's Bett. Morgen soll es wieder deutlich heißer werden und ich muss ein wenig Hausarbeit erledigen. Gute Nacht, Deutschland!
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