Der erste Tag in Vietnam
Die Ankunft
Von der Reise gibt es nicht allzu viel zu berichten. Es war eher unerfreulich, anstrengend, nervig. Fast wäre mein Koffer in Frankfurt geblieben, wenn die nette Dame beim Boarding noch nochmal auf mein Ticket geschaut hätte. Das hat mich gefreut, jetzt muss ich mir hier keine Unterhosen kaufen. Im Flieger war ich sehr froh, bald die Gespräche meiner Mitreisenden nicht mehr verstehen zu können. Irgendwann schlafen zu wollen, während sich die Sitzreihe vor einem bei Wodka-Redbull darüber streitet, wieso denn Abflugzeit plus Reisezeit nicht gleich Ankunftszeit ist und wie das mit der Sonne überhaupt funktioniert, das muss ich nicht so oft haben.
Erstmal zum Hotel
Am Flughafen habe ich 50 Euro in Đồng getauscht. Das ist die lokale Währung. Weil das mit den ganzen Strichen an den Buchstaben hier ja vermutlich eh keiner kapiert, lasse ich die jetzt meist weg. Für 50 Euro gab es direkt mal knapp 1,3 Millionen Dong auf die Hand. Kaum im Land, schon Millionär. Läuft bei mir! Das Vermögen muss natürlich direkt investiert werden. Darum habe ich mir eine SIM-Karte mit 10GB 4G-Guthaben für eine Woche für nen Zehner (umgerechnet in Euro natürlich, nicht in Dong) geleistet. Ist ordentliche Touristenabzocke. Hier bekommt man regulär für die Hälfte wohl 60 GB im Monat. Aber ich kann es mir ja leisten. Dazu noch Vorkasse das Taxi zum Hotel bezahlt, von einem halben Dutzend Leute zum Taxistand weitergereicht worden und ab ging die wilde Fahrt.
So richtig wild ist die Fahrt hier aber gar nicht. Es sieht nur wild aus. Gefühlt hält sich hier niemand an irgendwelche Regeln, aber alles funktioniert ganz gut. Der Verkehr zieht sich insgesamt eh eher zäh durch die Stadt. Und an kritischen Stellen wie Kreuzungen passt jeder seine Geschwindigkeit der Situation entsprechend bis auf Schrittgeschwindigkeit an. Wenn man wie ich die Regeln nicht kennt, sieht das ganz fürchterlich aus, wenn eine Horde Roller an einer stark befahrenen Kreuzung einfach mal lustig in den Gegenverkehr schneidet, aber man gewöhnt sich ja an alles. Gehupt wird eigentlich andauernd und von jedem. Das heißt hier wohl eher "Hallo, ich bin da und möchte Dich nicht umfahren".
Mein Hotel
Nach einer gefühlten Ewigkeit rechts, links, kreuz und quer haben wir mein erstes Etappenziel erreicht: Das Joviale Hotel mitten im District 1. Das Hotel ist ganz schick, sauber, das Personal ist supernett und günstig ist es auch. Ich zahle um die 70 Euro für zwei Nächte inklusive Frühstück. Einen Haken gab es allerdings: Ich war viel zu früh am Hotel. Check-In ist erst um 15 Uhr möglich. Und da wirklich kein Zimmer mehr frei war, konnte ich auch nicht gegen Aufpreis eher einchecken. Dafür hat mich das Hotelpersonal mit einem Stadtplan ausgestattet, ein paar Sehenswürdigkeiten angekreuzt und dann mal auf ins Abenteuer. Völlig übermüdet bei Temperaturen jenseits der 30 Grad und unendlicher Luftfeuchtigkeit nicht unbedingt meine erste Wahl. Aber was will man machen, wenn man es sich nicht aussuchen kann.
Erster Stop: Ben Than Market
QUasi direkt neben dem Hotel liegt eine der beliebtesten Attraktionen der Stadt: Der Ben Than Market ist ein riesiger Indoor-Markt, auf dem man gefühlt alles kaufen kann. So richtig gefallen hat es mir aber nicht da. Es gab hauptsächlich seltsame Lebensmittel, Fleisch, dessen Kühlkettenkonzept "gar nicht" zu sein scheint, viel Kaffee und Touristenzeugs. Mir wollten irgendwie alle Kaffee verkaufen. Ob man mir die Müdigkeit so sehr angesehen hat? Ich habe aber abgelehnt, ich bin ja eher Teetrinker. Allzu viele Fotos wollte ich da auch nicht machen, weil mir noch nicht so wirklich nach aufdringlicher Kommunikation mit den Händlern war. Also ein paar mal durch die Gänge und schnell weiter.
Die Gegend erkunden
Auf den Straßen ist es dann eigentlich genau so, wie man es sich vorstellt. Alles ist ein bisschen abgerockter im Vergleich zu Japan (mehr asiatische Vergleiche habe ich ja nicht), es ist deutlich lauter, wenn auch nicht so hektisch wie in Tokio. Während die Geschäfte in Japan größtenteils schon eher westlich wirken, ist das hier eher alles verwirrend und seltsam. Supermärkte sind mir keine aufgefallen, aber es gibt auch hier Convenience Stores und sogar Family Mart aus Japan (die sogar Onigiri verkaufen, die esse ich aber erst in Japan). In einem vietnamesischen Store habe ich dann mal örtliche Softdrink-Lotterie gespielt. Neben einer Büchse Kaffee (ja, ich weiß, aber Koffein!) gab es einen Salty Lemon Drink. Wonach der wohl schmeckt? Sehr salzig und Zitrone, überraschenderweise. Nicht so richtig geil, aber auch nicht ganz schlecht.
Es ist bunt
An fast jeder Ecke findet man irgendwas, das toll aussieht. Kirchen, Schreine, Tempel, historische Gebäude, nette Bars und Cafés. Dazwischen ist alles voller Leute, viele halten sich einfach auf der Straße auf, essen da, verkaufen Zeug, spielen Schach oder wollen Touristen die Schuhe putzen. Meine Onizuka Tiger, die schon eine Menge Elend gesehen haben und definitiv ihre besten Zeiten hinter sich hatten, haben es offenbar einem Schuhputzer besonders angetan. Der hat mich in den paar Stunden dort ein halbes Dutzend mal angesprochen und ich habe immer freundlich abgelehnt. Am Ende hat er mich mit einer Zahnbürste verfolgt.
Es tut sich einiges
Wie schon gesagt, alles hier ist ein wenig heruntergekommen. Man merkt dem Land an, dass es hier jahrelang nicht so gut lief. Aber man sollte auch nicht vergessen, wie sehr das permanente, schwüle Wetter an der Substanz nagt. Überall bröckelt und rieselt es. Aber es ist auch fast überall irgendwo was im Bau oder wird saniert. Das kann sich aber auch schonmal ein paar Jahre hinziehen und viel Kohle verschwindet dabei. Seit vielen Jahren baut man hier wohl an einer U-Bahn und hat jetzt festegestellt: Das ganze Geld ist weg. Wie kann das nur passieren? Ganz schön peinlich, Vietnam! Zum Glück haben wir sowas in Deutschland nicht, wenn wir Dinge wie eine Elbphilharmonie oder einen Flughafen bauen.
Der Wiedervereinigungspalast
Dann ging's zum Wiedervereinigungspalast. Hier gab es eine ganz nette historische Ausstellung zu den Wirren der 60er-Jahre in Vietnam. In der Zeit sind dann auch aus Versehen ein paar Bomben auf den alten Palast gefallen, weswegen man ihn dann neu bauen musste. Der Neubau ist eine recht spektakuläre Mischung aus asiatischer und europäischer Architektur. Der Grundplan ist an ein paar chinesische Schriftzeichen angelehnt, das bringt Glück, Frieden und Zufriedenheit. Der restliche Aufbau wirkt tatsächlich sehr europäisch. Viel Beton, viel abstrakte Formen, alles wirkt sehr leicht und ist den Temperaturen angepasst auch sehr luftig. Die Räume haben Türen in alle Richtungen, die Flure sind außen am Gebäude und haben keine Fenster. Und es gibt schon einiges zu sehen. Aus Zeitmangel kann ich dazu jetzt aber keine Romane schreiben. Ich hänge dafür aber unten eine Menge an Bildern an.
Hauptpost und Notre Dame
Im Anschluss habe ich mir die sehr schöne Hauptpost angeschaut und quasi direkt daneben HCMCs Notre Dame. Der ist passenderweise auch gerade etwas kaputt und größtenteils von einem riesigen Stahlgerüst verdeckt. Und das, was man noch sehen kann ist eher ein bisschen... naja. Fotos gibt's auch unten. Danach wollte ich noch zum Opernhaus und zur Moschee. Allerdings hat mir die Regenzeit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nachdem es gegen Mittag schon mal einige Minuten kräftig geschüttet hatte, gab es jetzt richtig Regen. So habe ich mich eine knappe Stunde untergestellt und dem Verkehr dabei zugeschaut, wie wenig ihn der Regen interessiert.
Endlich ein Bett!
Und dann konnte ich auch schon in mein Zimmer. Es ist halbwegs groß und das Fenster ist vom Nachbarhaus fast zugemauert worden. Aber passt für mich. Ich habe es sogar geschafft, mich kurz auf's Bett zu legen, ohne einzuschlafen. Schließlich habe ich hier ja nicht so viel Zeit und wollte mich noch mit Thore treffen.
Abend in Ho-Chi-Minh-Stadt
Das hat dann tatsächlich noch geklappt. Ist schon echt abgefahren, um die halbe Welt zu reisen und dann in einem ziemlich fremden Land jemanden zu treffen, den man ja doch schon recht lange kennt. Und weil das alles für den Tag für mich noch nicht genug Abenteuer war, haben wir uns auf dem Roller in den Verkehr geworfen. Das ist schon ein Erlebnis. Zebrastreifen und die ganzen anderen Linien auf der Straße habe ich bisher anders interpretiert. Ein bisschen fühlt es sich wie Achterbahn-Fahren an. Man neigt schon etwas zur Panik, wenn alle aufeinander zufahren. Aber am Ende ist es dann doch ziemlich sicher. Die Tage gibt's ein Video dazu. Also: Dranbleiben!
Gegessen haben wir in einer Art Hinterhof auf klitzekleinen Plastihockern an Kindertischen. Thore und ich fallen hier grundsätzlich schon auf. Das hat aber sicherlich nochmal deutlich herausgestochen. Es gab Baguette mit einer Art Honigbutter, darauf Kohl und leckere Fleischspieße. Fühlte sich ganz schön einheimisch an. Im Anschluss wollten wir noch kurz an einer Bar vorbei, in der Thore einen Hut vorbeibringen sollte. Und wenn wir schon mal da sind, trinken wir auch schnell ein Bierchen. Wenige Stunden später war auch das erledigt. Vorsichtig gesagt, es waren dann doch unwesentlich mehr als, ähm, dreieinhalb Bier. Zu unserer Ehrenrettung muss man aber auch sagen, dass uns die meisten kostenlos aufgezwungen wurden. Genau wie ein Jägermeister Energy. Und ziemlich leckeres, mexikanisches Essen. Irgendwann deutlich nach Mitternacht war ich dann wieder daheim. Nach fast zwei Tagen mit nahezu keinem Schlaf, aber so vielen Eindrücken, rauschte es nur noch. Ich hatte noch kurz etwas Angst, Schlafen komplett verlernt zu haben. Dann legte sich der Schlaf aber rasch wie eine weiche Decke über mich.
Vom Abend habe ich keine Bilder. Die könnte ich aber auch hier gar nicht veröffentlichen, weil wir natürlich alle nackt waren. Aber es gibt noch einige Bilder vom Wiedervereinigungspalast und was sonst so los war. Die kleb ich mal unten an. Ich habe außerdem gehört, dass die Seite auf Apple-Geräten teilweise ziemlich kaputt sei. Was soll ich sagen. Das liegt natürlich nicht an mir. Das hat Steve Jobs kaputt gemacht. Wenn ich den erwische.
Bildergalerie
Kommentare
-
Am 20. Oktober, 20:27 Uhr (Japan), 20. Oktober, 13:27 Uhr (Deutschland)Nach deinen Beschreibungen ist es dort so wie man es sich vorstellt. Aber mittendrin sicher ein tolles Gefühl. Noch einen schönen Tag in Vietnam und dann einen guten Flug nach Japan.Am 20. Oktober, 22:51 Uhr (Japan), 20. Oktober, 15:51 Uhr (Deutschland)Vor Ort ist es dann natürlich nochmal ganz anders, als es auf Fotos oder Videos aussieht. Und obwohl es doch sehr fremd ist, kann man es hier sehr gut aushalten.